Der Stressfaktor „Corona“ macht sich sowohl in der steigenden Nachfrage für Paar-, als auch Kindertherapie stark bemerkbar.

Bedingt durch Homeoffice, finanzielle Belastungen, Homeschooling, coronabedingten gesundheitlichen Problemen wie Long-Covid etc., kommen immer mehr Familien an ihre Grenzen der Belastbarkeit. Viele Paare, die bis zur Coronakrise halbwegs „funktioniert“ haben, sehen sich an ihren Grenzen, und bemerken leider erst jetzt, wie sehr sie sich durch die Krise voneinander entfernt und aus den Augen verloren haben. Oft ist die Erschöpfung und Frustration darüber so groß, dass nur noch die Trennung als Ausweg gesehen wird. Das bringt für alle Familienmitglieder, und vor allem für die Kinder, starke Veränderungen mit sich. Deshalb macht es Sinn, in einer solchen Situation professionelle Unterstützung z.B. in Form von Familien- oder Trennungsberatung in Anspruch zu nehmen, um unnötige Verletzungen zu vermeiden um möglichst schnell wieder Stabilität zu erlangen.

Die größte Herausforderung bei einer Trennung, bei der auch Kinder betroffen sind, liegt im Auseinanderhalten von Paar- und Elternebene. Diese sehr wichtige Tatsache ist leider vielen Paaren nicht bewusst, und es kommt daher fast immer zu einer Vermischung der beiden Ebenen. Diese verursacht meist erhebliche Konflikte und führt zu viel Leid bei allen Beteiligten.

Was aber ist damit gemeint? Die Paarebene meint die Beziehung zwischen Frau und Mann, die im Idealfall gleichberechtigt, wertschätzend und meist „gut“ läuft. Kommt es zu Konflikten, versuchen beide Seiten diese so gut wie möglich zu lösen. Werden aus einem Paar Eltern, gibt es nun zusätzlich zur Paar- eine Elternebene und diese Veränderung ist spannend, aber fordert die Beziehung neu. Auch wenn diese Entwicklung in einer harmonischen Partnerschaft gut gelingt, kann diese Doppelrolle im Alltag zu Konflikten führen: Ist man sich z. B. in einer Erziehungssituation nicht einig, und trägt dies als Machtkampf vor dem Kind aus, oder solidarisiert sich ein Elternteil mit dem Kind, vermischen sich beide Ebenen und es gibt keine klare Grenze zwischen Eltern und Kind. Dies ist vor allem für die Kinder belastend und sie bekommen dadurch oft eine ungute „Macht“, die sie letztlich überfordert.

Besonders problematisch ist diese Vermischung in der Trennungssituation, wenn beide Partner verständlicherweise verletzt sind und es zu einer bewussten oder unbewussten „Kriegserklärung“ kommt, zwischen deren Fronten das Kind steht. Das Kind, dass in dieser besonderen Situation eigentlich Stabilität, liebevolles Verständnis, Trost, Sicherheit und Klarheit bräuchte, wird so zum hilflosen Spielball. Oft entwickeln Kinder in dieser Phase Ängste und Schuldgefühle, fühlen sich verantwortlich und denken sie müssten „etwas“ tun.

Ich erlebe es in meinen kindertherapeutischen Sitzungen immer wieder, dass Kinder denken, ihr Verhalten habe letztlich dazu geführt, dass die Eltern so viel streiten und sich jetzt trennen, eine große Bürde für ein Kind, die möglichst schnell bearbeitet werden sollte.

In meinen vielen Elternberatungen ist es immer wieder sehr berührend zu sehen, wie viel besser Kinder die Trennung ihrer Eltern verkraften und langfristig sogar daran wachsen können, wenn es den Eltern gelingt, ihre Paarkonflikte auf Paarebene zu verarbeiten, und sie klar von der Elternebene zu trennen. Auch dazu ist es sinnvoll, sich professionelle Unterstützung in Form von Trennungsberatung zu holen. Durch die Moderation einer/s neutralen und professionellen BeraterIn oder TherapeutIn gibt es die Chance, Konflikte zu klären, und so wieder eine Vertrauensbasis aufzubauen.

Entscheidend ist dabei auch die Tatsache, dass wir uns zwar vom Partner trennen können, Eltern aber bleiben wir ein Leben lang! Kinder können nichts für unsere Konflikte, und deshalb liegt es in unserer Verantwortung, dass sie so wenig wie möglich verletzt werden und unter unserem Verhalten und unseren Entscheidungen so wenig wie möglich zu leiden haben. Es darf nicht sein, dass die Kinder „benutzt“ werden, um unsere Verletzungen am Partner zu „rächen“. Diese Art von Rosenkrieg ist für Kinder mit das Schlimmste, und birgt die Gefahr von dauerhaften Verletzungen.

Die wichtigste und regelmäßige Botschaft von jedem Elternteil an Kinder in Trennungsfamilien sollte deshalb sein: „Du trägst keine Verantwortung für unsere Trennung, diese Entscheidung haben wir als Eltern getroffen, aber trotzdem bis Du für uns das Wichtigste, und wir werden weiterhin beide für Dich da sein. Wir lieben Dich beide, und das wird sich auch nie ändern. Wir verstehen auch, wenn Du traurig oder wütend bist, aber wir sind immer für Dich da. Du kannst Dich auf uns verlassen und wir schaffen das gemeinsam.“

Wenn Sie Interesse oder Bedarf an Systemischer Trennungs-,Elternberatung oder Kindertherapie haben, wenden Sie sich gerne an mich.

Angelika Reil